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Gault Millau 2024Koch des Jahres: «Ich will meine Gäste nicht überfordern»

Silvio Germann wurde nach 11 Monaten im Restaurant Mammertsberg bereits als Koch des Jahres 2024 geadelt.

So klingt Begeisterung. Die Tester des Gastroführers Gault Millau schreiben über Silvio Germann: «Er ist Andreas Caminadas bester Mann, hat eine Carte blanche, setzt seine eigenen Ideen jugendlich-unbeschwert um. Geschmacksbomben auf kleinster Fläche, tiefe Essenzen, herrliche Löffelgerichte, Germann ist ein Chef 2.0.»

Wir treffen den Koch des Jahres im Restaurant Mammertsberg in Freidorf, 19 Zugminuten von Romanshorn entfernt. Seit letztem Oktober hat der 34-Jährige mit seinem Geschäftspartner Andreas Caminada das Restaurant und Hotel gepachtet. Liest man über Germann, so fällt jeweils immer auch Caminadas Name. Stört das Germann? «Ich verdanke ihm alles. Zuerst war er mein Vorbild, dann wurde er mein Chef und jetzt ist er mein Partner.»

Mittwochs bis sonntags ist Silvio Germann im Landschloss Mammertsberg engagiert. «Ich teile mit unserem Sommelier Giuseppe Los Vasco eine Wohnung. Das ist nicht immer einfach», sagt er. Und meint damit, dass Flaschen entkorkt und deren Inhalt kredenzt wird.

Gerade betritt Los Vasco die Lounge, wo wir es uns bequem gemacht haben. «Ist Silvio nicht daheim, schmeckt mir der Wein nicht ganz so gut.» Man merkt, die zwei mögen sich. In Debatten über Fussball oder übers Essen denkt der eine über den anderen: Der hat einfach keine Ahnung. Und dann geht die Diskussion richtig los. «Feedback ist mir wichtig. Giuseppe ist mein erster Kritiker, meine erste Kritikerin die Freundin.»

Kochen mit Blick auf den Bodensee

Während wir reden, blicken wir in den Hortensiengarten. Im oberen Stock bereitet das Team – eine junge, von Germann zusammengestellte Equipe – in der Küche den Lunch vor. Minimalprogramm im Mammertsberg: drei Gänge für 186 Franken. Das maximale Programm sind acht Gänge für 294 Franken, mit Käse (15 Sorten sind in einem hübschen Booklet beschrieben) plus Überraschungsgericht.

Maximal 45 Personen an 12 Tischen bewirtet Silvio Germann in einem Service hier im ersten Stock.

Seine Arbeitswoche startet aber nicht in der Küche, sondern mit den Hortensien. Gemeinsam mit seinem Spühler pflegt er jeweils am Mittwochmorgen den Garten vor dem Landschloss Mammertsberg. Seit vergangenem Oktober hat die junge Equipe das 100-jährigen Gebäude mit Blick auf den Bodensee übernommen.

Silvio Germann erhält wohl bald Sterne, der «Guide Michelin» verleiht sie am 2. Oktober in Lausanne. «Gault Millau» hat ihm schon 18 Punke verliehen, und nun auch noch der Titel «Koch des Jahres 2024».

«Ich freue mich, das Mammertsberg möglichst vielen Gästen näherzubringen. Wir versuchen auf höchstem Niveau eine lockere Atmosphäre zu schaffen, in der sich jeder Gast wohlfühlt», sagt Germann. Er gehört mit seinen 34 Jahren zu den Jüngsten, die diesen Titel entgegennehmen dürfen. Gleich alt war Nenad Mlinarevic, der im Jahr 2016 «Koch des Jahres» war.

Dass der junge Silvio Germann Koch werden würde, war nicht klar. Die Berufe Dachdecker und Landschaftsgärtner hätten ihn auch interessiert. «Vielleicht hilft mir das Interesse für Landschaften heute bei der Gartenarbeit», sagt er verschmitzt.

Tatsächlich sieht der Garten piekfein aus, wovon die Gäste bei schönem Wetter beim Apéro profitieren. Ein Windchen bläst, der See ist so dunkelblau wie Germanns Kochweste. Einer der acht Köche schneidet gerade in den Gartenbeeten Kräuter, mit denen die Gerichte ausgarniert werden. 

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In die Kochlehre startete Germann nicht unerfahren: Die ersten Versuche am Herd sammelte er als Au-pair in der Romandie. «Ich hütete zwei Kinder und half im Restaurant der Gastfamilie aus», erinnert er sich. Nach der Lehre in Sempach LU folgten Posten im Epoca in Flims und bald im Schloss Schauenstein in Fürstenau. 

Jungkoch mit Fernweh

In Andreas Caminadas Spitzenlokal kam er zum ersten Mal an seine Grenzen. «Ich spürte diese Lücke zwischen mir und den anderen Köchen. Ich war der Jüngste und überfordert», erinnert er sich zurück. Offen darüber sprechen, war seine Devise. Schliesslich kündigte er, um nach Brasilien zu reisen. 

Lange blieb er der Schweiz nicht fern: Nach einem erneuten Einsatz im Schloss Schauenstein eröffnete Silvio Germann das erste Igniv im Grand Resort Bad Ragaz. Mit erst 25 Jahren ein neues Lokal in einem Luxushotel zu konzipieren, sei eine grandiose Erfahrung gewesen. Das Konzept war damals brandneu: Sharing, bei dem die Teller in die Mitte kommen und die Gäste das Essen teilen. Heute ist dieser Trend so verbreitet, dass es das Mammertsberg-Team fürs neue Lokal am Bodensee nicht einmal in Erwägung zog. 

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Ein Gericht, das Silvio Germann im aktuellen Menü besonders gefällt: Die raffiniert-filigrane Aubergine, «die richtig Wumms hat», mit Kombu, Barbecuesauce und Röstzwiebeln. «Der Gast sieht bei uns, was er isst. Wir wollen niemanden überfordern.» Wir sitzen mittlerweile im Restaurant, schon vor dem Auberginengang wurde einiges geboten: Nach fünf vielversprechenden Appetizern folgt ein handgeschnittenes Rindstatar unter einem Selleriemosaik in einer Ochsenschwanzsuppe.

Danach wird eine getrocknete und rehydrierte Rande mit mexikanischem Birria-Sud und Stachelbeeren serviert. Der Pastagang wird am Tisch fertig gemacht: Die Agnolotti werden mit einem Sud in einem Ziegenkäselaib gewendet und mit etwas getrocknetem Eigelb verfeinert. Es folgen Gänge mit Saibling, Sommerreh und als Abschluss Aprikose. Alles regional, alles saisonal. Die Gerichte sind filigran, fokussiert und schlicht phänomenal.

Seit nicht einmal einem Jahr arbeiten Silvio Germann und sein Team hier im historischen Schloss. Nach den Ferien Anfang Jahr kam ein Loch: Im Februar herrschte eine bedrückende Flaute. Diese verfolgte Silvio Germann bis in den Schlaf. Die Stille an den Abenden ist nun verflogen: Die Tische und die Zimmer sind gut gebucht. Das dürfte sich in nächster Zeit nicht mehr ändern, auch dank seines neuen Titels.

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