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Sweet Home: 24 Stunden im TessinFood und Frühlingsgefühle in Lugano

Die Seele einer Stadt offenbart sich mit dem Essen. In Lugano ist Genuss Ehrensache und allgegenwärtig. So reiste ich letzte Woche auch wegen des Essens nach Lugano. Als Allererstes gehe ich aber bei meiner Ankunft jeweils an den See. Schnell an den prall gefüllten Lebensmittelläden vorbei, welche das Stadtbild prägen, und auch an den einladenden Cafés, in denen alle bereits draussen ihren Aperitivo geniessen – das alles kommt noch. Als typische Nordländerin, die erst gerade in Zürich durch Hagel, Kälte und Sturm spazierte, will ich Palmen, Sonne, Blumen und Blau sehen. Das ist alles da, am Seeufer von Lugano. Blumenbeete, so gross wie kleine Felder, leuchten goldgelb mit betörend duftenden Osterglocken. Unter den gelben Frühlingsblumen blühen violette Stiefmütterchen und dann sind da natürlich noch die Palmen, die Symbole des Südens, welche sofort für Entspannung sorgen.

Kaum ist man am See, ist man auch ein wenig in den Fünfzigerjahren. Das Blau des Wassers und des Himmels, die leuchtend roten Pedalos, die Schweizer- und Tessinerfahnen und natürlich die pittoreske, wunderschöne Landschaft sind wie die Filmkulissen der typischen Fifties-Filme mit Petticoats, Amore und Schlager. Die Gelaterias waren bei meinem Besuch geöffnet und lockten mit prallvollen Schalen voller verschiedenfarbiger Glacésorten Spaziergänger an. Ich verschob diesen Genuss auf später und verpasste ihn leider, da es am nächsten Tag wolkig war und die Läden der Gelaterias geschlossen blieben.

Ich suchte nach den berühmten Kamelien, die im Tessin auf ähnliche Art wie bei uns die Schneeglöckchen den Frühling einläuten. Doch die Kamelien sind schon fast am Verblühen. Kamelien sind elegante Pflanzen und beliebt in der Mode. Berühmt sind die edlen Ansteckblüten von Chanel. Man nennt solche Ansteckblüten aus Stoff auch Corsagen. Diane Vreeland (1903-1989), die Kultmoderedakteurin, die diesen Beruf eigentlich erfand, schrieb in ihrer Autobiografie, dass die Kurtisanen in Paris jeweils weisse Kamelien ansteckten, aber an den Tagen, an denen sie unpässlich waren, eine rote Kamelie. Ob das stimmt, ist nicht erwiesen, aber wer sich für kokette Geschichten rund um das glamouröse Leben der Stilikone interessiert, könnte ihre Biografie, ein kurzes unterhaltsames Büchlein, diesen Frühling auf einer sonnigen Bank oder auf den Caféterrassen Luganos lesen.

Das Erste, das einen in Lugano fast umarmt, ist die Liebe zum Essen. Schon am frühen Morgen türmen sich lauter Herrlichkeiten in den Auslagen der Händler. Natürlich hat auch Lugano die üblichen luxuriösen Brands bekannter Modemarken und Luxusgüter. Aber Gucci, Prada, Hermès und Luxusuhren kommen erst ein wenig später. Im echten Herzen der Stadt geht es vor allem um den Genuss.

Sofort ersichtlich und prägend für das Altstadtbild ist der Feinkostladen Gabbani mit Metzgerei, Restaurant und Hotel. Als ich frühmorgens hinausging, um einen Kaffee zu trinken, wurden hier gerade Berge von Sandwiches getürmt. Ich hätte sofort eines gekauft, aber ich wollte endlich einmal in das altmodische Grand Café al Porto.

An diesem bin ich bisher immer nur vorbeispaziert und nie eingekehrt, denn, wenn ich in Lugano war, wollte ich vor allem richtig essen gehen. Ich gehöre nicht zu den typischen Kaffeetrinkerinnen, die sich gerne zum geliebten «Kafi» am Nachmittag treffen. Aber am Morgen, vor allem im Süden, liebe ich einen Latte macchiato. Er war gut, aber das Henkelglas fand ich nicht besonders chic. Auch das Croissant war fein, aber «lackierte» Croissants gehen bei mir nicht so richtig ins Herz. Obschon das Café hübsch war, der Service nett und die Ambiance dieses gewisse altmodische Flair hat, das ich mag, weil es voller Geschichten ist, fehlte mir die Entspanntheit. Das hat auch damit zu tun, dass auf dem Tisch eine grosse Benimmregel für Hunde lag. Wo es wirklich chic ist, braucht es solche Dinge meiner Meinung nach nicht.

Der Grund meiner Reise war eine Einladung an die Eröffnung des neuen Supermarkts von Manor Food. Auch das Manor Warenhaus ist ein Herzstück Luganos, prägt das Stadtbild und lässt es pulsieren. Die Foodabteilung im Manor Lugano ist auch in der Deutschschweiz bekannt, denn viele Deutschschweizer gehen dort einkaufen, wenn sie im Tessin in den Ferien sind oder bringen auf der Durchreise Feines mit nach Hause. Diese hausgemachten Patisserien sind übrigens wirklich so köstlich wie sie aussehen und werden täglich frisch zubereitet.

Die ganze Foodabteilung wurde umfassend renoviert und zeigt sich neu als genau das, was sie ist: ein echter Markt auf mediterrane Art. Die einzelnen Abteilungen sind keine Abteilungen, sondern Marktstände mit allem, was dazugehört. Angeboten werden marktfrische Produkte von kleinen, meist lokalen Produzenten. Verkauft werden sie von Expertinnen und Experten, die genau wissen, woher jede Spezialität kommt, wie sie produziert wurde und wie man sie am besten serviert oder zubereitet.

Vieles im Manor Food wird nach hauseigenen Rezepten hausgemacht. So findet man in der Fischabteilung nicht nur fangfrische Fische und Meeresfrüchte, sondern auch besondere Delikatessen wie Carpaccio und Tartar von Lachs oder Thunfisch sowie verschiedene Salate und vieles mehr. Was ich absolut fantastisch fand, war das «Tonno Tonnato». Eine Thunfischspezialität, inspiriert von Vitello Tonnato, aber ohne Vitello, dafür mit einer rustikaleren Textur. Für mich, die nur die Sauce von Vitello Tonnato liebt, ist diese Köstlichkeit nun ein neuer Liebling auf meiner Liste.

Ich weiss, ich habe die Fischabteilung von Manor schon oft gelobt, aber ich vermisse einfach etwas Ähnliches in meiner eigenen Stadt Zürich. Genau diese Pracht und Schönheit, die man sonst nur in Fischabteilungen am Meer sieht, macht den Genuss von Fisch und Meeresfrüchten wertvoll und besonders. Selbst dieses unbearbeitete Handyfoto, das ich durch die Scheiben der üppigen Auslage gemacht habe, lässt erahnen, was echte Meeresfrische bedeutet.

Zwischen den Auslagen konnte ich kurz mit Federico Paganini, Director Food bei Manor, über den neuen Supermarkt, Genuss und seinen privaten Kühlschrank sprechen:

Herr Paganini, woher kommen die prächtigen Fische?

Viele sind aus dem Mittelmeer, aus nachhaltiger Fischerei. Der Weg zu uns ist kurz, was zu unserem Konzept passt, bei dem wir, wenn immer möglich, auf lokal und regional setzen. Die Mittelmeerfischerei ist übrigens auch einer Schonzeit unterworfen. Es gibt Monate, in denen nicht gefischt werden darf, in dieser Zeit ist auch unser Angebot entsprechend kleiner.

Auf was sind sie besonders stolz in der neuen Foodabteilung?

Dass wir tatsächlich einen echten Markt geschaffen haben. An unseren Marktständen hier werden fantastischer Käse, Charcuterie und weitere lokale Tessiner Spezialitäten angeboten. Zu vielen Produzenten verbindet uns eine langjährige Zusammenarbeit und Freundschaft. Sie erreichen hier ein grösseres Publikum und werden mit ihren Produkten bekannter. In jeder Filiale bieten wir andere Spezialitäten aus den jeweils entsprechenden Regionen an.

Woher kommen die vielen verschiedenen Gemüse und die Früchte?

Auch hier bieten wir vieles aus lokaler Produktion an. Wir haben aber auch einen eigenen Mann in Mailand, der jeweils sehr früh auf dem dortigen Grossmarkt ist, die besten Angebote entdeckt und mit den dortigen Produzenten in engem Kontakt steht.

Im Manor wird auch gekocht …

Ja, wir haben vier gastronomische Stände, die jeden Tag unterschiedliche Menüs anbieten. Man kann sie mitnehmen und in der Mittagspause essen. Vorbereitete Zutaten, wie etwa frische Pasta und fertige Saucen, helfen, dass man am Feierabend zuhause schnell etwas Feines kochen kann.

Was kochen Sie, wenn Sie Freunde einladen?

Da meine Mutter Italienerin ist und ich im Süden von Graubünden aufgewachsen bin, koche ich gerne typische italienische Klassiker wie Lasagne, Risotto, Cannelloni, einen Brasato oder Ossobuco. Ich habe aber gerade auch eine Passion zu Antipasti entwickelt und spiele momentan gerne mit Gemüsen und Früchten, Mangos, Avocados und Charcuterie vom Fisch.

Kochen Sie auch nach Kochbüchern?

Ich lasse mich mehr von Blogs und aus den Social Media inspirieren, aber ich liebe die Bücher von Ottolenghi.

Was haben Sie immer im Kühlschrank?

Käse und Gemüse und die Zutaten, die es für eine Gremolata braucht.

Was kochen Sie, wenn Sie aus den Ferien nach Hause kommen?

Pasta Asciutta, das ist Pasta ohne Sauce, nur mit Olivenöl oder Butter und viel geriebenem Parmigiano Reggiano, das lieben auch meine Kinder.

Wir, eine Gruppe von Journalistinnen und Journalisten wurden durch den neu eröffneten Supermarkt geführt und bekamen die Möglichkeit, vieles zu erfahren und zu versuchen. Die junge Journalistin von «Annabelle» konnte nichts versuchen, da sie fastete. Federico Paganini meinte dazu leidenschaftlich: «Riechen Sie, der Geruch ist eine ganz wichtige Komponente des Genusses und massgebend zur Beurteilung der Frische und des Geschmacks eines Produktes.»

Auch die Brote, die übrigens alle bio sind und vom Teig bis zum fertigen Brot mehrmals täglich in den jeweiligen Hausbäckereien produziert werden, duften zum Reinbeissen. Wichtig sind auch hier regionale Spezialitäten. So gibt es im Manor Food in Lugano ein Tessinerbrot, das nichts mit dem Tessinerbrot im Norden zu tun hat, aber aus Tessiner Mehl gemacht wird, welches nur acht Kilometer entfernt in einer alten Mühle produziert wird.

Auf meine Frage, wie man denn die feinen Brote mit Feigen oder Rosinen am besten isst, antwortet Federico Paganini, dass er sie am liebsten mit Rohschinken geniesst oder süss mit ein wenig Honig. Wenn man sich in ein Brot verlieben kann, dann ist mir dies passiert. Echt! Das Feigenbrot, das eine sehr knusprige Kruste und ein dunkles, lockeres, feuchtes, herrliches Innere hat, ist mit Feigenstückchen bestückt und perfekt. Ich habe es zu Hause zwar nicht ganz so wie Frederico Paganini mit Prosciutto Crudo genossen, aber mit Tessiner Mortadella. Etwas, das ich ab sofort jeden Tag tun würde, wäre Lugano ein bisschen näher.

Nach dem Food-Rundgang bin ich noch ein wenig durch Lugano flaniert. Das Wetter war nicht mehr ganz so schön und blau wie am Vortag, aber die sanfte Wolkigkeit hatte auch ihren Charme, sie fühlt sich nämlich im Süden anders an als daheim. Dieses Mal ging es Richtung Paradiso. Zuerst an den bereits erwähnten «Super Fashion Brands» vorbei und dann an der Seepromenade, die durch Apartmenthäuser mit Seesicht und grosse Hotels geprägt ist. Statt Osterglocken blüht hier der Rosmarin, mein Lieblingskraut. Meine ersten Ferien als Kind sind nämlich mit dem Duft von Rosmarin verbunden. Wir machten Ferien in einem sehr stylischen Haus in Sant' Abbondio, das der damaligen Chefin meines Vaters gehörte. Es war umwachsen mit Rosmarin. Da Düfte sich besonders stark ins Gedächtnis einnisten, ist für mich Rosmarin für immer und ewig mit dem Tessin, mit Ferien und dem Süden verbunden.

Auf dieser Seite von Lugano befindet sich auch das MASILugano, das Kunstmuseum der italienischen Schweiz. Ich will es bei einer nächsten Reise nach Lugano wieder einmal besuchen. Bei diesem Kurztrip ging es vor allem um das Essen, den Genuss und das kulinarische Erbe einer der wichtigsten und schönsten Kulinarikregionen der Schweiz. Aber ich schaute in alle Kirchen rein, an denen ich vorbeiging. Kirchen eröffnen einem mitten im Flanieren auf einfache Art Kunst und Kultur.

Ich liebe es, alleine essen zu gehen. Das verstehen viele nicht. Aber ich war schon immer oft alleine im Ausland und auch beruflich viel alleine unterwegs. Und wenn man gerne isst, verzichtet man nicht auf die Freude, in schöne und gute Restaurants zu gehen, bloss weil man alleine ist. Ich habe in allen Städten meine Lieblingsrestaurants, wobei immer neue dazu kommen. Gleichzeitig finde ich es aber auch schön, gewisse Restaurants immer wieder aufzusuchen. Im «Bottegone del vino» war ich erst einmal, aber das Essen war herrlich und die Stimmung chic und entspannt. So entschied ich mich, hier essen zu gehen, bevor ich den Zug zurück nach Zürich nahm. Das Mittagsangebot war nicht so vielfältig wie das am Abend, aber ich entschied mich für Ravioli mit Spargeln und Gorgonzola. Dazu empfahl mir der Kellner einen Tessiner Wein, der «Stregato Bianco» hiess. Er war fantastisch!

Ein anderes Restaurant, das ich liebe, aber in dem ich seit der Pandemie nie mehr war, ist das Orologio. Es gehört für mich in meine geheime, persönliche Kategorie von «Maigret-Orten». So bezeichne ich Restaurants, Hotels oder andere Orte, die dieses gewisse authentische Flair von Zeitlosigkeit und Romanschauplatz haben. Das Orologio in der Nähe des Busbahnhofs hat das.

Manor hat allen, die nach der Eröffnungsfeier am Mittwochabend nicht mehr nach Hause gehen konnten, eine Nacht im Hotel offeriert. Das Hotel ist auch ein guter Tipp. Es befindet sich mitten in der Stadt, gleich neben der Talstation der Funicolare. Das Luganodante ist unkompliziert, komfortabel, eine Art Businesshotel – klein, fein und neutral. Hunde sind übrigens auch erlaubt, das habe ich zuerst abgeklärt. Ich war  schon mal für eine Stylingproduktion in einem hübschen, altmodischen Hotel in Lugano Paradiso, in das ich auch wiedergehen würde, wenn sie Hunde erlauben würden. Es ist das Hotel De La Paix, mit roten Plüschsesseln, Spannteppichen und Fifties-Charme.

Zurück in Zürich packte ich gleich alle meine Einkäufe aus. Wir genossen Sandwiches mit Feigenbrot und Mortadella, einen absolut herrlich-leichten Vanillekuchen und ein Glas Tessiner Merlot. Ich hatte aber auch Ricotta, Burrata, Robbiola aus Ziegenmilch, kleine Pizzette, Salsiccia Napoli, Tiramisu, Panna cotta und Parmigiano Reggiano in meiner Einkaufstüte.

Den Abschluss dieser klitzekleinen kulinarischen Reise nach Lugano macht mein Lieblingsort, das wunderschöne poetische Tor, das in den See führt und Lust darauf macht, bald wiederzukommen.

Ein Teil dieser Reise wurde unterstützt von Manor.