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Sechs Fragen und AntwortenSo will der Bundesrat die UBS zähmen

Vor mehr als einem Jahr ging die Credit Suisse unter. Seither steht die Frage im Raum, wie die nächste Bankenkrise verhindert werden könnte. Denn damit die UBS die CS auffangen konnte, brauchte es Notrecht und staatliche Garantien im Umfang von 259 Milliarden Franken. UBS-Chef Sergio Ermotti sagte an einer Veranstaltung im November: «Da die Schweiz in den letzten 15 Jahren zwei Bankenkrisen erlebt hat, kann ich gut verstehen, dass man sich fragt, was passieren würde, wenn die Dinge wieder schiefgehen.»

Die «Too big to fail»-Regeln (kurz TBTF) des Bundesrats sollen dafür sorgen, dass eine systemrelevante Grossbank in Schieflage geraten kann, ohne die Schweizer Wirtschaft in Mitleidenschaft zu ziehen oder Verwerfungen auf den Finanzmärkten auszulösen. Seit 2012 ist diese im Bankengesetz verankert, als Reaktion auf die Finanzkrise von 2008.

Am Mittwoch zeigte nun der Bundesrat auf, wie die Regeln angepasst werden sollen, damit die Schweiz bei einer erneuten Bankenkrise besser aufgestellt ist. Er ist zu einer regelmässigen Überprüfung des Regelpakets und zur Veröffentlichung entsprechender Berichte gesetzlich verpflichtet. Mit dem Ende der CS ist nun der aktuelle Bericht zu den systemrelevanten Banken aber um ein Vielfaches umfangreicher ausgefallen als die vorherigen Ausgaben.

Nun sollen diese neuen Regeln helfen.

Was plant der Bundesrat genau?

Insgesamt 22 Massnahmen sollen den Finanzplatz sicherer machen. Die meisten davon betreffen nur die UBS, sie ist die einzige global systemrelevante Grossbank in der Schweiz. Einige auch die anderen systemrelevanten Banken Postfinance, die Zürcher Kantonalbank und die Raiffeisen-Gruppe. Der Bundesrat will unter anderem der Finanzmarktaufsicht Finma mehr Instrumente in die Hand geben. Und er will dafür sorgen, dass die UBS für den Krisenfall mehr flüssige Mittel vorhält. Ausserdem soll die Schweizerische Nationalbank im Notfall zusätzliche Sicherheiten von den Banken annehmen können.

Welches sind die wichtigsten Massnahmen und was bedeuten sie?

Die Finma bekommt zusätzliche Instrumente. Dazu gehört das sogenannte Senior Managers Regime. Das ist ein Pflichtenheft für die obersten Verantwortlichen einer Bank, in dem klar festgelegt wird, wofür sie genau verantwortlich sind. Halten sie sich nicht daran, haben sie ein Problem und müssen dafür geradestehen. «Wir sehen darin eine starke präventive Wirkung», sagt Thomas Hirschi, bei der Finma zuständig für die UBS, im Interview.

Neu kommen die Clawbacks ins Gesetz. Das bedeutet, dass Managerboni bei Fehlverhalten zurückgefordert werden können. Die Regel soll für systemrelevante Banken gelten. Der Bund will aber prüfen, ob andere Banken ebenfalls darunter fallen sollen.

UBS-Präsident Colm Kelleher und Finanzministerin Karin Keller-Sutter verkünden im März 2023 das Ende der Credit Suisse.

Bezogen auf die Eigenmittel der Banken sieht der Bundesrat von einer grundsätzlichen Erhöhung ab, schlägt aber höhere Eigenmittel für das Stammhaus, also den Schweizer Konzernsitz der UBS, vor. Der muss gemäss heutigen Regeln eine Beteiligung an einer ausländischen Tochtergesellschaft mit rund 60 Prozent mit Eigenmitteln unterlegen. Hier sollen es laut dem Bundesrat deutlich mehr werden. «Die Erhöhung der Anforderungen wird also substanziell sein, insbesondere, falls die UBS die aktuelle Grösse und Struktur beibehalten oder sogar wachsen würde», schreibt der Bundesrat. Die neuen Anforderungen verminderten den Anreiz, komplexe Firmenstrukturen aufzubauen. Diese Massnahme soll die Eigenmittelanforderungen der systemrelevanten Grossbanken erhöhen. Wie stark, hängt von der künftigen Grösse und Struktur der UBS ab.

Damit die Banken für einen plötzlichen Kundenansturm gerüstet sind, sollen sie mehr flüssige Mittel vorhalten, sogenannte Liquiditätspuffer. Systemrelevante Banken müssen seit Beginn des Jahres grössere Reserven aufbauen. Die Zuschläge wurden von der Finma festgelegt. Es ist nicht öffentlich, wie hoch diese bei den einzelnen Banken ausfallen. Die Erhöhung der Liquiditätsanforderungen ist laut dem Bundesrat «substanziell». Die Schweizer Banken müssten deutlich mehr Liquidität halten als ausländische Vergleichsbanken. Die UBS und die anderen betroffenen Banken haben bis Ende 2024 Zeit für den Aufbau der Liquidität. Dann wird das Polster in den Bilanzen der Banken ablesbar sein.

Weiter vorgesehen ist ein Public Liquidity Backstop. Das ist eine Ausfallgarantie des Bundes zuhanden der Schweizerischen Nationalbank. Diese Garantie wird im Krisenfall angewendet, wenn eine Bank durch die Finma saniert oder abgewickelt werden müsste. Das Instrument gibt es in anderen Ländern schon länger, in der Schweiz aber noch nicht. Beim Untergang der CS wurde es per Notrecht in Kraft gesetzt, nun wird es ordentlich eingeführt.

Welche Massnahmen fehlen?

Die Eigenkapitalquote wird nicht weiter angepasst. Die Bank muss damit aufgrund der heute beschlossenen Massnahmen grundsätzlich keine grösseren Sicherheitspolster vorhalten. Wobei die UBS bis 2030 aufgrund des Zusammenschlusses mit der CS ohnehin ein grösseres Eigenkapitalpolster aufbauen muss. Einen weiteren Ausbau will der Bundesrat nicht, weil sonst die UBS gegenüber der Konkurrenz im Ausland einen Nachteil hätte.

Der Ausbau der Sicherheiten über den internationalen Standard hinaus ist bei Bankern unbeliebt. Ihr Argument: Nicht das Kapital war das Problem beim Untergang der Credit Suisse, sondern der Vertrauensverlust der Kunden. Die Frage ist, woher soll das Geld für die zusätzlichen Sicherheitspolster kommen?

Wirtschaftsexperte Klaus Wellershoff schrieb in einem Gastbeitrag für die «Handelszeitung» vor einem Jahr: «Die Bilanzsumme der systemrelevanten Banken betrug Ende letzten Jahres circa 2200 Milliarden Franken. Das Eigenkapital dieser Banken lag bei 140 Milliarden Franken. Bei 20 Prozent Eigenkapitalanforderung müssten es aber 440 Milliarden sein. Es fehlen also gut 300 Milliarden Franken.» Dieses Kapital ist teuer.

Bei den Boni will der Bundesrat zwar Clawbacks einführen, von einer Obergrenze sieht er jedoch ab. Der Bundesrat glaubt, dass eine Grenze für variable Vergütungen einfach dazu führen würde, dass die Fixlöhne entsprechend ansteigen würden.

Die Finma kann weiterhin keine Bussen aussprechen. Dies, da sie bei Untersuchungen auf die Mitarbeit von einzelnen Bankerinnen und Bankern angewiesen ist. Die Sorge besteht nun, dass diese bei den Verfahren nicht mithelfen, wenn sie sie sich selbst belasten und später eine Busse befürchten müssen. Die Finma verfüge mit dem Berufs- und Tätigkeitsverbot, dem Gewährsentzug oder der Einziehung unrechtmässig erworbener Gewinne bereits über Sanktionsinstrumente gegenüber natürlichen Personen mit einschneidender Wirkung, so der Bundesrat.

Eine Massnahme, die bei vielen Experten auch viel Kredit genoss, fehlt ebenfalls: die Rückzugsbeschränkungen für Bankeinlagen. Sie wurde als Mittel gegen Bankruns diskutiert, also wenn sehr viele Kundinnen und Kunden ihr Geld abziehen und die Bank dadurch in Schieflage gerät. Der Bundesrat hält nichts davon. Er schreibt: «Dies wäre ein zu starker Eingriff in die Bezugsmöglichkeiten der Bankkundschaft sowie ins Geschäftsmodell der Banken. Einlegerinnen und Einleger sollen nicht per Regulierung an eine Bank gebunden und damit einem Risiko ausgesetzt werden, das sie von sich aus nicht tragen wollen.»

Was sagt die UBS zum Massnahmenpaket des Bundesrats?

Zum Bericht hat sich die Bank noch nicht geäussert. Schon im Vorfeld hat UBS-Chef Sergio Ermotti gesagt, dass der Public Liquidity Backstop für die Schweiz ein wertvolles Instrument sein könnte, und er hat mehr Mittel für die Finma gefordert. An einer Veranstaltung sagte er im letzten Herbst: «Es sollte für die Bank oder die Aufsichtsbehörde einfacher sein, gegen Personen vorzugehen, die ihre Pflichten grob vernachlässigt haben.» Doch gegen strengere Kapitalanforderungen wehrt sich die Bank. Dies, da sie für sie teuer sind und sie bestreitet, dass sie notwendig sind.

Der Aktienkurs notierte am Vormittag leicht im Plus. Am Nachmittag hat die UBS-Aktie jedoch deutlich nachgegeben. Neben den Massnahmen des Bundesrates dürfte dabei auch die höher als erwartet ausgefallenen US-Inflationszahlen eine Rolle gespielt haben.

Was sagt die Bankiervereinigung?

Die Bankiervereinigung begrüsst zwar die Stossrichtung des Berichts. Sie kritisiert aber, dass er mit über 20 Massnahmen zu überborden drohe. Damit drohe eine Regulierungswelle, die auch der Volkswirtschaft schaden würde. Marcel Rohner, Verwaltungsratspräsident der Bankiervereinigung, sagt: «Wir fordern eine zielgerichtete und massvolle Regulierung, welche die Grösse, die Komplexität, die Systemrelevanz und das Geschäftsmodell der Banken angemessen berücksichtigt.»

Wie geht es jetzt weiter?

Was der Bundesrat in dem TBTF-Bericht vorschlägt, muss erst noch durch das Parlament. Ziel ist es, in der ersten Hälfte 2025 gleichzeitig zwei Pakete für die Umsetzung zu präsentieren. Eines mit Änderungen auf Verordnungsstufe, die vom Bundesrat verabschiedet werden können, und eines mit den Eckwerten für die Änderungen auf Gesetzesstufe, welche dem Parlament unterbreitet werden.

Der Prozess ist beim Public Liquidity Backstop angelaufen; im September 2023 hat der Bundesrat die Botschaft ans Parlament verabschiedet, mit der der Public Liquidity Backstop ins ordentliche Recht überführt werden soll. Für die Einführung eines Senior Managers Regime etwa braucht es ein Gesetz. In Kraft tritt es frühestens 2027.

Der Bericht der Wettbewerbskommission zur Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wird voraussichtlich im Sommer 2024 veröffentlicht. Er werde zurzeit von der Finma analysiert, schreibt der Bundesrat.

Der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur CS-Krise braucht mehr Zeit als angenommen. Er soll erst Ende Jahr vorliegen. Laut einer Mitteilung der PUK vom Februar laufen weiterhin Einvernahmen. Die verbleibenden Anhörungen sollen voraussichtlich bis Mai durchgeführt werden. Mehrere hochrangige Ex-CS-Manager wollen sich erst nach Erscheinen des PUK-Berichts öffentlich zum Untergang der Bank äussern.

Warum ist das alles überhaupt nötig?

Vor einem Jahr ist die CS untergegangen. Die Kundinnen und Kunden zogen im grossen Stil Geld von der Bank ab. Dies nachdem in den USA zwei kleinere Banken untergegangen waren. Die CS war nach mehreren Krisen und Skandalen so schwach, dass sie die Abflüsse nicht mehr verkraften konnte. Die Bank erfüllte zwar die regulatorischen Anforderungen bis zum Schluss, doch war das Vertrauen der Kundinnen und Kunden weg – und die Bank hatte keine Zukunft mehr. Davor hatte sich die Finanzmarktaufsicht Finma an der Bank die Zähne ausgebissen. Der damalige Finma-Chef Urban Angehrn sagte nach dem Untergang: «Wir haben bei der CS x-mal eingegriffen.» Gebracht hat es wenig. Nun sollen längere Spiesse für die Finma helfen.

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