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Will Gordon in AdelbodenWie ein veganer Chefkoch in der Fleischküche arbeitet

Chefkoch Will Gordon bei der Arbeit mit Stangensellerie und Cashewnüssen. 

Die ersten sechs Monate als Veganer waren schwierig. Will Gordon, Chefkoch im Hotel The Cambrian in Adelboden, ernährte sich hauptsächlich von Pasta. Eine Katastrophe für die Gesundheit! Denn die, das betont der Londoner immer wieder, ist ihm wichtig. So hat auch alles begonnen: Will Gordon suchte nach Möglichkeiten, seiner kranken Mutter zu helfen. Jetzt dreht er fetzige Kurzvideos, bei denen man Hunger bekommt und sich per sofort ausschliesslich vegan ernähren möchte. Nebenbei kocht Will Gordon ab und zu einen Fleisch- oder Fischgang für seine Gäste. Nur wenn er muss, allerdings.

Will Gordons Karriere verlief bis anhin sehr gradlinig – und über weite Strecken an der Seite seines Mentors Bryn Williams. Dieser ist das Gesicht hinter der Küche im Cambrian (was übersetzt einfach «Das Walisische» bedeutet) und in Wales eine grosse Nummer. Er kochte einst den Fischgang für den 80. Geburtstag der verstorbenen Queen, ist mit Sharleen Spiteri der Band Texas verheiratet und besitzt mehrere Restaurants. Sein berühmtestes steht in London, das Odette’s. 

Und genau dort begann Will Gordon nach der Catering School zu arbeiten, als er 19 war. Stieg zum Küchenchef auf. Verliess Bryn Williams für eine Weile, um beim «crazy ‹Michelin›-Star Sat Bains» zu arbeiten, wie er sagt. Er meint das nicht böse, doch der Zweisternchef sei einschüchternd gewesen. Die Zeit dort aber lehrreich: Im Sat Bains, sagt er, sei es nur um Weiterentwicklung gegangen, um Kreativität, es sei sehr intensiv, oldschool halt. Dort lernte er Folgendes: Was er kocht, muss zum Ort passen. Zum italienischen Restaurant, in dem er später mit einem Freund täglich frische Pasta machte, passte Will auch. Es war «a lot of fun». Aber noch nicht das Richtige. Das war Bryn Williams, der wieder in Gordons Leben auftauchte. Ob er in der Schweiz arbeiten wolle? Er wollte. Das war vor zweieinhalb Jahren. 

Stangensellerie und Cashews vom veganen Chefkoch.

Von London ins Bergdorf! Am Anfang war Will Gordon verwirrt. «Alles war hier so korrekt», sagt er. In England «bist du ein Sklave. Du arbeitest 19 Stunden. Wie ein Hund. Hier sagte man mir, ich müsse meine Pausen beziehen!» Noch grössere Gegensätze bahnten sich in der Küche an. Will Gordon, Küchenchef in einem Viersternhotel in den Alpen aka typisches Fleischküchenhotel, wurde Veganer. Nicht einfach so, natürlich. Sondern weil seine Mutter an Krebs erkrankte. 

Worauf er begann, sich intensiv mit Ernährung zu befassen. Wie kann man etwas zur Heilung des Körpers beitragen? «Das Wesentliche, das ich auf meiner Reise herausfand, war etwas Banales, wenn auch lebensverändernd, zumindest, was mich und meinen Job angeht: Du bist, was du isst. Die Ernährung beeinflusst alles. Vor allem deine Gesundheit. Die Wahrnehmung der anderen von dir. Die Umgebung.»

Kann ein Veganer überhaupt noch Fleisch? 

Seine Umgebung: ein Team von Köchen, die sich mit einem veganen Küchenchef konfrontiert sahen. Der Londoner beschwichtigt: «Viele meiner Kollegen haben mich ja während dieser Zeit begleitet und sich so an meinen Lebensstil gewöhnt. Für sie ist das gar nicht so extrem, wie es tönt.» 

Aber wer kocht dann das Fleisch, und vor allem: Kann ein Veganer überhaupt noch Fisch- und Fleischmenüs kreieren? «Da unten», gibt er zu bedenken und zeigt vage in die Richtung der Treppe, die in die Küche führt, «kochen eine Menge Leute. Viele lieben es, Fleisch zu kochen.» Aber natürlich, wenn er muss, bereitet er das Fleischmenü zu. Das stellt jeweils Konzeptchef Bryn Williams, der sein Restaurant im Cambrian als sein Herzensprojekt ansieht, zusammen. Und das Fischmenü. Will natürlich das vegane. 

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Food, sagt Gordon, sei ein einfaches Mittel, mit dem alle – sicher aber er – glücklicher werden könnten. Ganz ohne zu predigen oder sonst wie überzeugen zu wollen, fügt er an: «Ich sehe nicht, warum ich Tiere töten und essen soll, wenn ich nicht muss.»

Die Mutter wurde wieder gesund. Vielleicht wegen der veganen Diät, vielleicht wegen der Liebe ihres Sohnes, vielleicht wegen etwas anderem. Ganz auf pflanzliche Ernährung umgestellt hat sie allerdings nicht. Auch wenn sie Will Gordons Instagram-Videos anschaut, die er überhaupt nur ihretwegen angefangen hat zu drehen: Sie lebt in England, und er wollte sie motivieren. Darin kocht er in horrendem Tempo Dinge, die ohne tierische Produkte auskommen. Hauptsache, es ist einfach nachzukochen, Hauptsache, es ist gesund. Und gratis. Gordon will teilen, nicht profitieren, und wenn er etwas hasst, ist es, irgendjemandem oder -etwas ein Label zu verpassen. Dass er nicht der typische vegane Influencer ist, zeigt sich auch darin, dass er sich schon mal verabschiedet von den Social Media, weil er in die Ferien will. 

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Chefkoch im Hotel Cambrian Will Gordon bei der Arbeit mit Stangensellerie und Cashews, am 21.06.2023 in Adelboden © Christian Pfander/Tamedia AG
Chefkoch im Hotel Cambrian Will Gordon bei der Arbeit mit Stangensellerie und Cashews, am 21.06.2023 in Adelboden © Christian Pfander/Tamedia AG
Chefkoch im Hotel Cambrian Will Gordon bei der Arbeit mit Stangensellerie und Cashews, am 21.06.2023 in Adelboden © Christian Pfander/Tamedia AG

So. Und jetzt: Was ist das Geheimnis eines veganen Tellers? Eines Menüs, das vielleicht auch Fleischesserinnen bestellen würden?

Fette! Karnivoren, sagt Gordon, seien es gewohnt, viel Fett zu essen. Also kocht er Nüsse, Avocados, «all die natürlichen Fette halt». Vegane Mayonnaise, Tofu-Emulsionen. «Ich brauche oft Cashews.» Er macht daraus Käse. Ist das gut? Oje. Schmeckt das? «Sicher! Steht auf der Menükarte.» Im Gegensatz zu Fleischalternativen. Die sind ihm zu wenig gesund. 

Fehlt ihm denn gar nichts? Vitamintechnisch, was Proteine angeht und so? «Am Anfang schon. I was a mess!»: Er selbst sei ein Chaos gewesen. Während eines halben Jahres «hatte ich keine Ahnung, was ich tat. Ich ass jeden Tag Pasta.» Bis er zu einem Workshop nach Costa Rica reiste, auf eine Farm mitten im Dschungel mit eigenem Heilgarten. «Dort begann ich zu verstehen, worauf es ankommt. Was man essen muss, um gesund zu bleiben.» Honig zum Beispiel. Das würden viele zwar nicht als vegan ansehen, aber er findet es okay, Honig zu essen. «Let’s not be silly about it», es wäre doch dumm, auf das gesunde Lebensmittel zu verzichten, oder? 

So siehts aus, wenn Will Gordon im Cambrian kocht. 

Proteine gebe es zuhauf. Kichererbsen. Spirulina. Chia-Samen. Spinat. Spinatsalat isst Will Gordon fast jeden Tag. Mit Nori, Avocado, Mango, Quinoa. Und weil der Londoner nun schon zwei Jahre in der Schweiz arbeitet, schickt er sofort nach: «Was exotisch tönt, ist oft eigentlich lokal. Dazu gehören auch Früchte und Gemüse aus Italien. «Das sind drei Stunden bis zur Grenze! I mean. So close!»

Sein liebstes Thema sind aber Pilze. Kaum beginnt die Saison im September, rückt er mit seinem Team aus und holt Körbe voll Steinpilze, Pfifferlinge, Totentrompeten. Zehn Kilos letztes Jahr auf einmal, er wischt auf dem Handy von Foto zu Foto. Der Koch hat sogar eine Trüffelhündin. Die die Trüffel selber frisst. Er grinst. Pilzmenüs sind für Will Gordon sogenannte Signature Dishes, damit zeichnet er sich aus. Im Moment auf der Karte: Bergpilz-Ragout, knusprige Kartoffel, Ponzu (eine Würzsauce auf Basis von Zitrusfrüchten und Sojasauce). In Frühling sammelt die Crew Bärlauch. Und Tannennadeln. Und macht Fichtenbutter daraus. Zum veganen Menü wird – mit dem Brot – übrigens auch «richtige» Butter serviert. Let’s not be silly about it!

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