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Achterbahnfahrt der SolartarifeStrompreise steigen, doch für Solarstrom gibts weniger Geld

Wer Solarpanels auf sein Dach montiert, weiss im Voraus nicht, wie viel das lokale Elektrizitätswerk für seinen Solarstrom bezahlen wird.

Die Strompreise für Private steigen im kommenden Jahr markant, so auch bei den beiden grössten Versorgern im Kanton, der BKW sowie Energie Wasser Bern (EWB) in der Stadt Bern – um je 19 Prozent. Genau in die gegenteilige Richtung, nach unten, drehen die Tarife, welche BKW und EWB privaten Besitzern von Solaranlagen für ihren Solarstrom bezahlen.

Die BKW bezahlte im dritten Quartal 2022 noch über 40 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) Solarstrom – ein rekordverdächtig hoher Preis. Doch seither sackte die Vergütung der BKW für Solarstrom von Privaten markant ab, bis unter 9 Rappen pro kWh im zweiten Quartal 2023. Bei EWB sind die Tarife für Solarstrom im Jahr 2023 auf über 20 Rappen pro kWh gestiegen – mehr als eine Verdoppelung. Doch schon 2024 werden sie wieder deutlich sinken: auf knapp 14 Rappen.

Verwirrlich für Solarproduzenten

Warum zahlen die Stromversorger den privaten Solarstromproduzenten weniger, während sie ihren eigenen Strom teurer an die Privatkundschaft verkaufen? Die BKW begründet dies auf Anfrage damit, dass die Solartarife und die Stromtarife der Kundschaft eine «unterschiedliche Gesetzes- und Berechnungsgrundlage haben». So bestehe der Stromtarif für die Kunden in der Monopolversorgung nur zum Teil aus dem Preis für Strom. Den grössten Anteil machen die Kosten für das Stromnetz aus.

«Ich erwarte, dass die BKW die Kleinen fair für ihren Solarstrom entschädigt.»

Peter Blaser, Solaranlagenbesitzer

Wirklich transparent ist dies nicht. «Das Abrechnungssystem der BKW ist undurchsichtig und unvorhersehbar», kritisiert etwa Peter Blaser, der auf seinem Haus in Rüeggisberg eine Solaranlage installiert hat.

So erhielt er zum Beispiel in den letzten Jahren für die mehr oder weniger gleiche Menge Solarstrom, die er jeweils im zweiten Quartal ins Netz der BKW einspeiste, sehr unterschiedlich viel Geld: Rund 120 Franken für diese drei Monate im Jahr 2021; im gleichen Zeitraum 2022 waren es knapp 450 Franken. Je nachdem erhielt er für den Strom, den er der BKW lieferte respektive von ihr bezogen hat, in der Summe Geld zurück oder musste nachzahlen.

Er wolle mit seiner Solaranlage kein grosses Geschäft machen, sagt Blaser. «Ich erwarte aber doch, dass die BKW die Kleinen, die etwas für die Umwelt tun, fair für ihren Solarstrom entschädigt.»

Solartarife schwanken extrem

Über die letzten Jahre betrachtet schwankten die Vergütungen der BKW für privaten Solarstrom sogar noch extremer, wie die Grafik zeigt. Zwischen rekordtiefen 6,5 Rappen und sehr hohen 41,3 Rappen pro kWh. Ersteres ist für private Eigentümer von Solaranlagen kaum je kostendeckend, Letzteres schon beinahe fürstlich.

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Die Ausschläge sind bei der BKW so stark, weil sie die Solartarife an die Börsenpreise für Strom koppelt. «Solche Schwankungen sind verheerend für den nötigen kontinuierlichen Zubau der Solarstromproduktion», kritisiert der grüne Grossrat Jan Remund.

Die BKW bestreitet dies. «Eine abschreckende Wirkung ist nicht festzustellen», schreibt sie und verweist auf die hohe Anzahl von Solaranlagen, die sie in ihrem Gebiet neu anschliesst. Allerdings liegt der Kanton Bern beim Ausbau der Solarenergie deutlich zurück, wie eine Datenauswertung dieser Zeitung zeigte. Dasselbe gilt für die Stadt Bern.

Beim Stadtberner Versorger EWB sind die Schwankungen ein bisschen geringer, doch auch hier hat sich der Solartarif von tiefen 9,6 Rappen auf über 20 Rappen im Jahr 2023 mehr als verdoppelt – bloss um nun 2024 erneut zu sinken.

Verkompliziert wird die Lage dadurch, dass der volle Preis jeweils nur erreicht wird, wenn private Solaranlagenbesitzer auch noch den sogenannten Herkunftsnachweis für Ökostrom an die zwei Stromversorger verkaufen. Dafür müssen sie aber aktiv werden – und bei EWB war dies lange nur möglich, wenn ein zusätzliches EWB-Produkt abonniert wurde. Dieses schafft EWB nun bereits wieder ab.

Bund will Tarifchaos beenden

Natürlich entscheiden die Vergütungen der Stromversorger nicht allein über die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen. Mindestens so wichtig ist der Eigenverbrauch im eigenen Haus. Doch etwa Bauernbetriebe mit grossen Dächern und tiefem Verbrauch werden durch rasch schwankende Tarife abgeschreckt. Sind die Solartarife zu tief, montieren Private zudem oft nur auf einem Teil ihrer Dachfläche Solarpanels.

Das Chaos bei den Solartarifen ist keine Berner Spezialität. Die jährliche Statistik des Verbands unabhängiger Stromproduzenten zeigt einen Flickenteppich – und die Hitparade der Vergütungen der Stromkonzerne ändert jährlich.

Das Bundesparlament will deshalb nun Mindesttarife für den Solarstrom von Privaten einführen: Der Bundesrat soll Minimalvergütungen festlegen, die sich «an der Amortisation von Referenzanlagen über ihre Lebensdauer orientieren». Der Ständerat hat dies im Mantelerlass für den Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung bereits beschlossen. Am Montag dürfte der Nationalrat folgen.

Der Markt werde dadurch nicht völlig ausgeschaltet, sagt Nadine Masshardt, SP-Nationalrätin und Mitglied der vorberatenden Kommission. «Höhere Tarife bleiben möglich, aber gegen unten besteht eine gewisse Sicherheit, dass Private ihre Investition in Solarstrom amortisieren können.»

Berner Versorger lenken ein

Die Minimaltarife können aber natürlich auch zu sinkenden Vergütungen führen. So begründet EWB die Tarifsenkung für 2024 von über 20 auf noch 13,6 Rappen / kWh explizit damit, dass man die kommende Bundesregelung vorwegnehme.

Dieser Tarif entspreche dem «hochwertigsten» (umweltfreundlichsten) Stromprodukt Ökostrom, das EWB der eigenen Kundschaft anbiete. Auch hier gilt, dass abrupte Änderungen des Solartarifs von einem Jahr aufs nächste für Solaranlagenbesitzer unschön sind. Immerhin: EWB liegt damit noch über der Bandbreite von 10 bis 13 Rappen / kWh, die gemäss einer Analyse dieser Zeitung einen wirtschaftlichen Betrieb von Solaranlagen ermöglicht.

Auch die BKW «begrüsst» auf Anfrage «die schweizweite Harmonisierung» der Solartarife – was zumindest gegen unten eine Abkehr von der bisherigen Koppelung an den Börsenstrompreis bedeuten würde. Allerdings gelte es sicherzustellen, so die BKW, dass eine Minimalvergütung sich weiterhin «grundsätzlich» am Markt orientiere und «angemessen bleibt».

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